15.07.2024, 08:38
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Viel Leerstand in Neubauten
Angesichts einer Leerstandsquote von 14 % bei im Vorjahr neu errichteten Wohnungen will die Stadtpolitik reagieren – mit Anreizen, aber auch strengen Raumordnungsregeln.
Innsbruck – 723 neu errichtete Wohnungen im Jahr 2023, von denen zum Auswertungsstichtag am 1. Juli 2024 101 (also fast 14 %) leer standen: Diese gestern von der Stadt Innsbruck veröffentlichten Zahlen unterstreichen, wie weit hier beim Thema Wohnen die politischen Ziele (mehr leistbarer Wohnraum) und die Realität (teils spekulativer Wohnbau) auseinanderklaffen.
Laut Statistik standen von den 101 Wohnungen 78,2 % im Eigentum von Privatpersonen, 17,8 % entfielen auf den Eigentümertyp „Unternehmen (gewerblicher Bauträger)“. Nur eine einzige der leer stehenden Neubau-Wohnungen war im Besitz einer gemeinnützigen Bauvereinigung. Knapp vierzig Prozent sind Zweizimmerwohnungen, dahinter folgen Wohnungen mit drei oder vier Räumen (je ca. 25 %).
Hilfe beim Vermieten
Gerade angesichts der hohen Anzahl an leer stehenden Wohnungen von Privatpersonen brauche es „Anreize, um die Immobilien auf den Markt zu bringen“, betont Bürgermeister Johannes Anzengruber („JA – Jetzt Innsbruck“).
Ziel sei, mit Maßnahmen wie etwa der Initiative „Sicheres Vermieten“ einen Großteil der fertig gestellten und aktuell leer stehenden Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen, sagt Stadträtin Janine Bex (Grüne). Das genannte Projekt, vom Land Tirol und der Tigewosi getragen, soll privaten Vermietern Unsicherheiten und Probleme abnehmen, einen angemessenen Mietzins garantieren und so Leerstand mobilisieren helfen.
Zur Schaffung von leistbarem Wohnraum wolle man „alle Instrumente von der Leerstandsabgabe bis zum Leerstandsmonitoring“ nützen, versichert Anzengruber, ebenso alle gesetzlichen Möglichkeiten etwa bei der Baulandmobilisierung.
„Härteste Regeln Tirols“
Die mehr als brisante Lage am Innsbrucker Wohnungsmarkt war auch im Gemeinderat am Donnerstag ein zentrales Thema: In der von der Liste Fritz vorgegebenen Aktuellen Stunde („Wohnpreisabzocke stoppen: Spekulanten und Investoren einen Riegel vorschieben“) zeigten sich die Vertreter der Dreierkoalition aus JA, Grünen und SPÖ überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Man habe im Zukunftsvertrag „die weitreichendsten und härtesten Raumordnungsregeln Tirols“ paktiert, erklärte SPÖ-Klubobmann Benjamin Plach. Der neue Gemeinderat werde „viel Gelegenheit haben“, bei Bebauungsplanänderungen und Widmungen Flagge zu zeigen. Das Wohnbau-Großprojekt in Amras, wo Pema/UBM ca. 140 frei finanzierte Wohnungen planen, nannte Plach hier als „erste Bewährungsprobe“.
Auch Konrad Kirchebner (JA) verwies auf die sehr ambitionierten Pläne der Koalition, wonach künftig bei Umwidmungen von Freiland in Bauland 75 % des neuen Baulands der Stadt zu Wohnbauförderungskonditionen zum Kauf angeboten werden sollen und auch bei Bebauungsplanänderungen eine strenge „Mehrwertregel“ greifen soll.
Leerstand will die Stadtregierung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auch mit einer Hauptwohnsitzpflicht auf Raumordnungsebene bekämpfen. Zu diesem Aspekt gibt es ebenfalls aktuelle Zahlen: Von jenen 2023 neu errichteten Wohnungen, die belegt sind, gibt es in rund einem Fünftel nur (einen oder mehrere) Nebenwohnsitze.
Die Liste Fritz erneuert derweil ihre Forderung nach einer sofortigen Überarbeitung des Örtlichen Raumordnungskonzepts (Öroko): Dessen Parameter würden „schon lange nicht mehr stimmen“, sagt GR Andrea Haselwanter-Schneider. Während das Öroko davon ausgehe, dass Innsbruck bis 2030 um bis zu 13.500 Einwohner wächst und deshalb bis zu 9000 neue Wohnungen nötig sind, sei in der Realität das Gegenteil der Fall: „Innsbruck stagniert seit 2016.“