09.04.2020, 17:55
Liebe Unterzeichnerinnen und Unterzeichner,
am 12. März veröffentlichten Jörg Flecker, Ruth Simsa, Emmerich Tálos, Ruth Wodak und ich einen offenen Brief an Bundeskanzler Kurz und Innenminister Nehammer, in dem wir forderten, dass Österreich sich an der Aufnahme von Geflüchteten beteiligt, die auf den griechischen Inseln festsitzen. Sie gehören zu den mittlerweile knapp 7.000 Personen, die unseren Brief unterzeichnet haben. Wir bedanken uns dafür herzlich! Demnächst werden wir den Brief mit allen gesammelten Unterschriften an die Adressaten schicken.
Unter den gegebenen Umständen ist es ja nicht möglich, dass wir frei reisen, uns versammeln, Arbeitstreffen und Symposien abhalten oder Kundgebungen organisieren. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, ein Kurzvideo aufzuzeichnen, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen:
youtu.be/KIVHFxqN0io
Wir würden uns freuen, wenn Sie die Petition und das Video weiterverbreiten, damit noch mehr Menschen unterschreiben.
www.openpetition.eu/at/petition/unterzeichner/freiheit-fuer-unsere-menschlichkeit-offener-brief-an-kurz-nehammer-schallenberg
In den letzten Tagen und Wochen hat sich die Situation dramatisch zugespitzt. Ich selbst habe das Lager Moria auf Lesbos im vergangenen Mai besucht – bereits damals war die Situation katastrophal. Doch nun kommt die unmittelbare Bedrohung durch Corona dazu. Wenn sich der Corona-Virus in Moria, wo sich 1.300 Menschen einen Wasserhahn teilen müssen, ausbreitet, droht Massenpanik.
Mittlerweile hat sogar der Architekt des EU-Türkei Deals, Gerald Knaus, einen dringenden Appell zur Evakuierung der Flüchtlingslager an die Europäischen Institutionen gerichtet.
Angela Merkel sagte in ihrer Rede, die Epidemie zeige uns, wie verwundbar wir sind und wie abhängig voneinander. Genauso wie die Corona-Krise sich gerade vor unseren Augen global ausbreitet, darf unsere Solidarität nun ebenfalls nicht vor Grenzen halt machen. Jean Ziegler hat die Zustände in Moria in seinem neuen gleichnamigen Buch als die „Schande Europas“ bezeichnet.
Wenn Kurz, Nehammer und Schallenberg nicht jetzt handeln, agieren sie absolut verantwortungslos. Zeit ist jetzt ein Schlüsselfaktor. Wir fordern einen europäischen Notfalleinsatz, um die Gesundheit und Sicherheit der Asylsuchenden, der Bevölkerung auf den Inseln und der Hilfskräfte zu garantieren. Wir verlangen, dass das Menschenrecht auf Asyl unverzüglich wiederhergestellt und respektiert wird.
Griechenland ist ohne die Hilfe Europas nicht in der Lage, auf die Situation angemessen zu reagieren. Die Europäische Kommission, der Europäischer Rat und das Parlament müssen die Mitgliedsstaaten dringend dazu auffordern, ihre Verantwortung wahrzunehmen und Schutzsuchende aus Griechenland aufzunehmen. In Zeiten der Corona-Krise geht es nicht nur um europäische Solidarität, sondern letztlich auch um globale Solidarität.
Die Kapazitäten für die Aufnahme von mehreren Tausend Geflüchteten in Österreich sind ohne Probleme vorhanden. Eine Reihe von Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben sich bereit erklärt, mitzuhelfen.
Wenn Sie weitere Ideen oder Anregungen haben, schreiben Sie uns, v.a. was die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Gemeinden und Städten betrifft. Bitte schreiben Sie uns auch, wenn Sie Interesse haben, weiterhin in Kontakt zu bleiben und über unsere Aktivitäten informiert zu werden. Ich nehme Ihre Mails gerne entgegen: alexander.behr@univie.ac.at
herzliche Grüße, Alexander Behr, Mitinitiator des offenen Briefs