26.05.2016, 10:49
Die Auszählung der Wahlkarten wird ein Fall für die Justiz.
Es war die knappste Wahl der Geschichte Österreichs: Alexander Van der Bellen setzte sich mit nur 31.026 Stimmen gegen seinen Kontrahenten Norbert Hofer durch. Obwohl die Bundes-FPÖ die Wahl nicht anfechten will, wird die Auszählung der Briefwahlstimmen jetzt wohl doch ein Fall für die Justiz. Denn die FPÖ in Villach hat eine Anzeige wegen Manipulationsverdachts eingereicht. Der Vorwurf: die Briefwahlstimmen wurden schon am Sonntag und nicht erst am Montag ausgezählt. Wenig Später hat auch das für die Wahlen zuständige Innenministerium die Kärntner Stadt angezeigt. Der Vorwurf lautet, dass vor dem gesetzlichen Zeitpunkt ausgezählt wurde", sagte der Leiter der Wahl-Abteilung, Robert Stein. Villach weist dies zurück.
Nachlesen: Wahlbehörde zeigt Villach wegen Briefwahl an
Hofer in Villach vorne
Norbert Hofer hat in Villach gewonnen. Er erreichte 54,1% der Stimmen (vor den Briefwahlstimmen waren es noch 56,2%).
Magistrat: "Alles korrekt"
Dass in Villach schon am Sonntag Briefwahlstimmen ausgezählt worden wären, wird von der Stadt zurückgewiesen. "Sie wurden am Montag ausgezählt mit dem Zeitpunkt, der vorgesehen ist. Um 9.00 Uhr beginnt die Zählung der Wahlkarten", sagte die stellvertretende Magistratsdirektorin, Claudia Pacher. Zuvor habe man lediglich "Vorarbeiten" gemacht. "Die Wahlkarten wurden erfasst und es wurde die Gültigkeit überprüft. Die Kuverts sind erst ab 9.00 Uhr geöffnet worden."
Der Leiter der Kärntner Landeswahlbehörde, Gerhard Jesernig, sagte, es sei ihm in Villach bestätigt worden, dass die Wahlkarten schon früher ausgezählt wurden. "Aber es soll eine Ermächtigung durch die Bezirkswahlbehörde gegeben haben." Ob ein solcher Beschluss des Bürgermeisters ausreichend sei, müsse die Bundeswahlbehörde entscheiden, meinte Jesernig. Stadtoberhaupt Günther Albel (SPÖ) war vorerst nicht erreichbar.
Keine Auffälligkeiten
In der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde ist laut Pacher und Jesernig von keiner Auffälligkeit die Rede, eine frühere Auszählung hätte dort vermerkt werden müssen. Der Bericht wurde von allen Vertretern, auch von der FPÖ, unterzeichnet.
Laut Innenministerium ist die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft nach einem Hinweis von einem freiheitlichen Mitglied der Bundeswahlbehörde erfolgt. Eine seitens der FPÖ im Raum stehende Wahlanfechtung wollte Wahl-Leiter Stein nicht kommentierten. Er wolle den Ermittlungsbehörden nicht vorgreifen, so Stein. "Vom Mengengerüst her" dürfte der mutmaßliche Vorfall in Villach keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl gehabt haben.
3.498 Briefwahlstimmen
In Villach wurden 3.498 Stimmen per Briefwahl abgegeben, davon waren 3.443 gültig. Auf Alexander Van der Bellen entfielen 2.138 Stimmen (62,1 Prozent), auf Nobert Hofer 1.305 (37,9 Prozent). Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) beschäftigt sich nur mit einer Anfechtung, wenn die darin behaupteten Mängel den Wahlausgang entscheidend verändern können. Bei der Hofburg-Stichwahl hieße das, dass so viele Stimmen infrage stehen, dass der andere Kandidat damit gewinnen hätte können. Bei Van der Bellens Vorsprung von 31.026 Stimmen müsste der behauptete Fehler - etwa in der Auszählung oder Zurechnung von Stimmzetteln - 15.515 Stimmen betreffen.