Anstand statt Schulden-Schock!

Merz hat im Bundestag jahrelang dringend notwendige Investitionen in Klima, Soziales und Demokratie blockiert, um SPD und Grüne politisch zu schwächen und sich im Wahlkampf zu profilieren.
Den Schaden für das Land hat er dabei für seinen Traum vom Kanzleramt billigend in Kauf genommen.

Neun Tage nach der Wahl verkündete er beispiellose 800-1000 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen zu wollen, womit sämtlicher Reformdruck in allen Bereichen mit Geld verschüttet würde, obwohl er bis zum Wahltag erklärt hatte, dass keinen neuen Schulden machen wird.
Dies mit den Ereignissen im Oval Office zu begründen ist angesichts der geplanten 500 Milliarden Euro (!) für die Infrastruktur genauso unglaubwürdig, wie seine Gewissensgründe für die unnötige und ergebnislose Show-Abstimmung mit der AfD. Auch dabei hatte er sein vorher versprochenes Wort gebrochen. 
Obwohl er jetzt die Zustimmung der Grünen braucht, hört die moralisch verkommene Verächtlichmachung des politischen Mitbewerbers angeführt von Söder und Merz nicht auf, werden die Grünen (und auch die Linken) nicht auf Augenhöhe in die Planungsgespräche eingebunden, sondern als willfährige Abnicker missachtet. 

Der SPD-Vorstand, namentlich Klingbeil, der sich nach der historisch größten Wahlschlappe der SPD bei einer Bundestagswahl noch in der Wahlnacht selbst befördert hat, spielt dieses üble Spiel aus vermeintlicher Staatsverantwortung mit und lässt diesen Umgang mit seinem Noch-Koalitionspartner wortlos zu. Hinzu kommt dessen erkennbar eigennützige Verantwortungslosigkeit dazu, den beliebtesten SPD-Politiker, Boris Pistorius, nicht als Kanzler zur Bundestagswahl aufgestellt zu haben. 

Die Persönlichkeit von Friedrich Merz ist oft erörtert worden. Er hat sich das Amt des Bundeskanzlers in keiner Weise erarbeitet, sondern profitiert wie schon Scholz im Wahlkampf 2021 ausschließlich von den Schwächen der anderen. Er hat sich im Wahlkampf in das Amt gelogen, indem er wider besseren Wissens vorgab, er könne ohne neue Schulden regieren. 
Matthias Miersch, Generalsekretär der SPD, warf Merz noch im Februar vor, wie ein Mini-Trump zu sprechen.
Die regierungserfahrene Partei-Kollegin Merkel ist bis zuletzt jeder Möglichkeit ausgewichen ihn als geeignet zu bezeichnen und hat ihn zuletzt sogar öffentlich scharf kritisiert, indem sie ihm riet, sich an sein eigenes Wort zu halten. In diesem Fall ist es glaubwürdig, dass sich Merkel in diesem mitunter als beispiellos kritisiertem Vorfall ihrem Gewissen und der Verantwortung für unser Land verpflichtet sah.

Es besteht die moralische Pflicht, diesem bedingt geeignetem Quereinsteiger OHNE jede Regierungsvorerfahrung, NICHT die Macht zur größten Schuldenaufnahme seit Bestehen der BRD überhaupt, bedingungslos und unter Umgehung des neu gewählten Bundestags zu überlassen.

Das gilt auch aus Gründen der Generationsgerechtigkeit, vor allem aber, weil nicht mal ein im Ansatz überzeugender Plan für die Verwendung des Geldes vorliegt.
Stattdessen lässt das Sondierungspapier erkennen, dass das Geld vor allem dafür verwendet werden soll, Unstimmigkeiten zwischen CDU und SPD mit beispielloser Neuverschuldung zu befrieden.

Liebe SPD-Genossen- und genossinnen: Stellt eurem Vorstand gegenüber klar, dass er diesem unseriösen Weg des Schulden-Schocks eure Zustimmung verweigert. Klärt vor Abstimmung irgendwelcher Anträge und Koalitionen, wer die SPD in Zukunft im Vorstand anführen soll, nicht danach. Bedenkt dabei auch die zukünftige Rolle von Boris Pistorius, dem derzeit einzigen aktiven Politiker Deutschlands, der in der Breite der Bevölkerung noch hohes Vertrauen genießt.

Liebe Grünen: Lasst euch nicht mit vermeintlicher "staatspolitischer Verantwortung" moralisch erpressen und erklärt klar, dass ihr einer Sonderverschuldung Verteidigung zur Not zustimmt, einer Sonderverschuldung Infrastruktur und den unehrlichen Versuch die Schuldenbremse nur für die Verteidigung zu reformieren aber nicht. 
Verweist zurecht auf die Verantwortung des neuen Bundestags.

Liebe CDU/CSU: Stellt klar, dass ihr von der Wankelmütigkeit eures Vorsitzenden selbst überrascht seid und ihr als konservative Kraft unseres Landes einer Blanko-Verschuldung in dieser Höhe aus Verantwortung für unsere Kinder, Enkel und Ur-Enkel nicht zustimmen könnt.

Ob das Vorgehen von Merz nicht sowieso gegen das Grundgesetzt verstößt, wird vielleicht noch vom Bundesverfassungsgerichts geprüft. Eine erneute „Klatsche“ ist unbedingt zu vermeiden, um die Vertrauenskrise in der Bevölkerung nicht weiter zu verschärfen.

Liebe Abgeordnete des alten deutschen Bundestags, stellen sie das Land über Partei und Person, zeigen Sie, dass Sie das in Ihnen gesetzte Vertrauen wert sind, handeln Sie anständig!

Aktuelle Kolumne zum Thema der Petition in der Wirtschaftswoche:
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/tauchsieder-friedrich-merz-robert-habeck-hoch-drei-/30246990.html