09/27/2021, 03:01
Liebe Freundinnen und Freunde der Vielfalt!
Unsere Petition zeigt Wirkung – Österreichs Landwirtschaftsministerium reagiert mit neuer Auslegung der Pflanzengesundheitsverordnung
Es sieht so aus, als wäre es uns gelungen, die drohende Pflanzenpasspflicht von uns Erhalter*innen in Österreich vorerst weitgehend abzuwenden. Dies entnehmen wir einem Schreiben, das wir kürzlich von Dipl. Ing. Pock vom Landwirtschaftsministerium erhalten haben.
Er schreibt:
• Wenn die Erhalterinnen und Erhalter den Austausch von Saatgut nur im privaten Bereich betreiben und kleine Aufwandsentschädigungen verrechnen, dann fällt das nicht unter unternehmerische Tätigkeit und der Austausch unterliegt nicht der Pflanzenpasspflicht, auch nicht beim Fernabsatz.
• Die Erhalterinnen und Erhalter müssen selbst einschätzen, ob sie als Unternehmer im Sinne der EU-Pflanzenschädlingsverordnung tätig sind.
Erhalter*innen sind also dezidiert ausgenommen! Natürlich, die Selbsteinschätzung ist eine kritische Angelegenheit und kann nicht als Rechtssicherheit bezeichnet werden. Doch aus dem Schreiben des Ministeriums geht eindeutig die Intention hervor, dass unsere Erhaltungsarbeit von der Pflanzenpasspflicht befreit sein soll. Und darüber dürfen wir uns freuen.
Was neu ist und uns ebenfalls freut:
Der Zugang zu Saatgut wird BäuerInnen nicht länger verwehrt.: „Der Unternehmerin und dem Unternehmer steht es frei, wo er oder sie Saatgut einkauft“ – bisher hieß es, an Landwirt*innen dürfe kein Saatgut ohne Pflanzenpass abgegeben werden!
Statt der Begriffe „Unternehmer“ und „Endverbraucher“ ist jetzt von Erhalter*innen die Rede. Unser Ziel ist es ja, dass möglichst viele, die Saatgut bestellen, es weitervermehren, daher passen diese Zuordnungen der EU-Verordnung nicht, was das Ministerium offenbar verstanden hat.
Das Schreiben bestätigt, dass die Weitergabe von Saatgut gegen eine Aufwandsentschädigung keine unternehmerische Tätigkeit ist.
Was wir noch erreichen müssen:
Tatsächliche Rechtssicherheit für Bäuer*innen. Bisher hieß es ja, der Austausch unter LandwirtInnen unterliege jedenfalls der Pflanzenpasspflicht. Viele Kleinbäuer*innen leisten wertvolle Erhaltungsarbeit und gerade sie können für diesen Arbeitsbereich, der keinen finanziellen Gewinn bringt, keine weiteren Schikanen brauchen. Im aktuellen Schreiben wird auf ihre Situation nicht eingegangen.
In anderen Staaten der EU wird die Verordnung weiterhin viel restriktiver ausgelegt. Wir müssen erreichen, dass die nun vorliegende Klarstellung europaweit im Sinne der Erhaltungsarbeit gilt.
Wir wollen erreichen, dass die EU-Kommision einen delegierten Rechtsakt erlässt, in dem festgelegt wird, dass die Erhaltungsarbeit nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fällt. Egal, wer die ErhalterInnen sind.
Dazu müssen wir die EU- Kommission von der Wichtigkeit unserer Erhaltungsarbeit überzeugen und damit auch bereits angedachte weitere Verschärfungen (!!) der EU- Verordnung verhindern.
Wir hoffen, die österreichische Bundesregierung zu motivieren, sich auf EU-Ebene für die Wahrung des Rechts auf Saatgut einzusetzen (UNO- Erklärung der kleinbäuerlichen Rechte). Jetzt, wo in Österreich die Ausnahmeregelung für die private Erhaltungsarbeit klargestellt worden ist, müssen wir uns umso mehr ins Zeug legen, diese Sichtweise in einer zukünftigen Verordnung europaweit entsprechend zu verankern.
Das betrifft die Pflanzenpassverordnung genauso wie die Saatgutverkehrsgesetzgebung, die nächstes Jahr „reformiert“ werden soll.
Die Petition FREIER SAATGUTTAUSCH für Erhalter*innen der Vielfalt fordert, dass bei der Novellierung der Verordnung die Bedürfnisse der Erhaltungsarbeit konkret berücksichtigt werden.
Die 'Evaluierung wird in 2 Monaten abgeschlossen - bis dahin sollten wir noch so viele Unterschriften wie möglich sammeln.
Bitte macht mit und druckt Euch das Unterschriftenformular aus. Die Listen können direkt auf der Petitionsseite hochgeladen oder per email an uns retourniert werden.
Formular zum Ausdrucken: cdn.website-editor.net/f7e4b3d1124c49e0a775ac7100324961/files/uploaded/unterschriftenformular.freier-saatguttausch-fuer-erhalterinnen-der-vielfalt_de_DE.utf8.pdf
Den Originaltext des Schreibens aus dem Ministerium finden Sie im Anhang.
Alle Informationen zur Petition finden Sie auf der Homepage www.archemitzukunft.net
Mit vielfältigen und optimistischen Grüßen,
Florian Walter
Kontakt: gemeinsam@archemitzukunft.net