Hääletamise küsimus
Brauchen wir mehr „Freiheitspflichten"?
Dieses Hausparlament soll die Bedeutung von Bürgerpflichten für freiheitliches Zusammenleben („Freiheitspflichten“) aufklären.
Liberale tun sich manchmal schwer mit Pflichten – aus guten Gründen: Sie werden doch oft missbraucht, um Freiheiten einzuschränken. Andererseits weiß die liberale Tradition: Freiheitliches Miteinander geht gar nicht ohne Solidarität, Fürsorge, Partnerschaft und den Dienst an Anderen.
Die Fragen dieses Hausparlaments beschäftigen auch Dr. Christopher Gohl. Er ist Mitglied des Bundestages, Ombudsmitglied der FDP und Vorsitzender der Kommission „Freiheit und Ethik“ seiner Partei. Er will beraten werden, ob und wie Freiheitspflichten von Bürgerinnen und Bürgern auf die politische Agenda gesetzt werden sollten. Die Fragen und Vorschläge sind darum grundsätzlich: Es soll erwogen werden, ob und welche Freiheitspflichten als Bürgerpflichten gestärkt werden sollten.
taustal
Ein Zusammenleben in Freiheit ist ein Zusammenleben in Verantwortung füreinander. Pflichten konkretisieren diese Verantwortung. Die Pflichten des Staates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ergeben sich aus Grundrechten und Gesetzen. Von der Schulpflicht für Kinder über die Gurtpflicht und Pflichtversicherungen bis hin zur Dienstpflicht kannte und kennt die Bundesrepublik auch unterschiedliche Bürgerpflichten. Jede so konkretisierte Pflicht schränkt aber die Freiheit ein, der eigenen Verantwortung auf andere Weisen gerecht zu werden. Deshalb muss sorgfältig abgewogen werden, ob und wie Pflichten angemessen und erforderlich sind. Dazu diese Anfragen an die Bürgerberatung: Was sollte liberale Politik und Programmatik von Bürgerinnen und Bürger erwarten? Was denken Bürgerinnen und Bürger selbst über beispielhafte Freiheitspflichten, wie eine Pflicht zum Gemeinwohldienst, eine Beteiligungspflicht oder Gesundheitspflichten in der Pandemie?
Osalised küsimused
1. Sollten alle in Deutschland Wohnenden zu einem Gemeinwohldienst verpflichtet sein?
Taustal: Unser Gemeinwesen lebt von unser aller Einsatz und Engagement. Ein bekanntes Beispiel sind Freiwilligendienste. Diese sollen das Gemeinwohl fördern, dem lebenslangen Lernen dienen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Aber warum nur freiwillig? Vorschläge für verpflichtende Bürgerdienste gibt es einige: den einmaligen Dienst zu Beginn des Erwachsenenalters; oder den zwei geteilten Dienst vor und nach dem Berufsleben; bis zu einem über das ganze Leben verteilten Dienst von 1-2 Wochen pro Jahr. An dieser Stelle geht aber aber noch nicht um ein konkretes Modell, sondern um das grundsätzliche Ob.
Poolt
Gemeinnützige Aufgaben sind teuer. Durch Alterung und Migration wächst der Bedarf. Ein verpflichtender Bürgerdienst würde eine große Kostenentlastung bedeuten. So könnten öffentliche Gelder in andere wichtige Entwicklungsbereiche gesteckt werden.
Der verpflichtende Gemeinwohldienst hätte einen hohen erzieherischen Wert. Bürgerinnen und Bürger werden sich ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst. Die gemeinsam gemachten Erfahrungen erhöhen Eingebundenheit, Identifikation und machen Lust auf mehr freiwilliges Engagement.
Die Spaltung unserer Gesellschaft ist bedrohlich und wächst weiter an. In Gemeinwohleinsätzen würde man Millieu-übergreifend tätig werden. Das fördert den Austausch miteinander und das Verständnis füreinander. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl wird über soziale Unterschiede hinweg gestärkt.
Vastu
Ob eine Kostenentlastung entsteht, ist nicht klar. Mit einem verpflichtenden Bürgerdienst ist ein großer bürokratischer Aufwand verbunden, der auch finanzielle Mittel erfordert, um z.B. den Verdienstausfall auszugleichen und für eine gute Betreuung zu sorgen.
Eine verpflichtender Bürgerdienst entmündigt die Menschen. Unsere Demokratie ist auf freie Menschen und Freiwilligkeit aufgebaut, der Staat ist keine Erziehungsanstalt. Ein solcher Pflichtdienst passt weder zum Menschenbild unserer Demokratie noch in die Zeit.
Zwang ist kein Weg ins freiheitliche Miteinander. Statt mit einer Verpflichtung dürfte höchstens mit Anreizen gearbeitet werden. Eigentlich reicht es schon, wenn bürokratische und finanzielle Hürden für Freiwilligendienste beseitigt werden. Auch die Qualität z.B. der Pflege kann darunter leiden, da Mitmenschlichkeit nicht erzwungen werden kann.
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Ergänzend hierzu führt die steigende Arbeitslosigkeit in Deutschland zu hohen sozialen Kosten, während der Mittelstand weiter schrumpft und die Kosten nicht auf Dauer tragen kann, welche besonders auf den Mittelstand fallen. Die Integration eines Gemeinwohldienstes in Sozialhilfeprogramme wie Hartz VI oder ähnliche wäre diskutabel.
Wer ist in der Lage festzulegen, welche Gruppen von dieser Pflicht ggf. ausgenommen sind? Kann hierbei die Gerechtigkeit noch gewährleistet werden?
2. Braucht es eine Beteiligungspflicht bei offiziellen Prozessen der Bürgerbeteiligung und Bürgerberatung?
Taustal: Stell Dir vor: Es ist Demokratie und keiner geht hin. Demokratie braucht Beteiligung, gerade bei weitreichenden Entscheidungen. Besonders für komplexe Verfahren auf kommunaler Ebene hat sich gezeigt, dass per Zufall ausgewählte Beratungsgremien, etwa Bürgerräte oder Planungszellen, hilfreich bei der Suche nach einem vernünftigen Konsens sind. Je repräsentativer, umso ausgewogener, legitimer und anerkannter sind die Ergebnisse eines Beteiligungsprozesses. Sollte es eine Pflicht geben, an solchen Beteiligungsprozessen teilzunehmen, wenn man ausgelost wurde - ähnlich dem Schöffendienst? Ist so etwas angemessen und machbar?
Poolt
Wenn Menschen aus unterschiedlichen Schichten und Kulturen teilnehmen, erhöht es sowohl die Repräsentativität als auch die Qualität und Akzeptanz von Bürgerbeteiligung. Unterschiedliche Perspektiven und unterschiedliche Erfahrungen unterstützen den Lernprozess für alle Beteiligten, die so erst ein vollständiges Bild der Probleme und möglichen Lösungen bekommen.
Solch ein Auslosung ist ein Privileg: Man darf für die Allgemeinheit sprechen. Die Kluft zwischen Regierenden und Regierten wird verringert, das Gemeinwohl gestärkt. Die Beteiligungspflicht ist ein Ausdruck der politischen Souveränität des Volkes. Denn mit der Mitwirkungspflicht wird selbstverständlich, dass wir nicht nur alle vier Jahre etwas zu sagen haben, sondern auch zwischen den Wahlen.
Alle Bürgerinnen und Bürger bekommen einen besseren Blick für politische Prozesse, nicht nur Politikinteressierte aus oft privilegierten Milieus. Dieses Verständnis wirkt einer Radikalisierung entgegen und hilft dabei, sich auf differenzierte Art und Weise mit den zentralen inhaltlichen Herausforderungen zu beschäftigen.
Vastu
Zwang senkt die Motivation, ausgewogen und ernsthaft mitzuwirken. Eine zufällige Auswahl bedeutet, dass auch Menschen, die weder Eignung noch Einstellung haben, über unsere Zukunft mitentscheiden. Wir schließen damit besonders Engagierte aus. Außerdem wählen wir doch unsere Abgeordneten genau für diesen Job: uns zu repräsentieren.
Wir können Menschen nicht einfach zwanghaft aus ihrem Alltag reißen, der oft schwer und belastet genug ist. Statt Beteiligungspflicht, sollten lieber die Anreize und Freistellungsmöglichkeiten erhöht werden. Es wäre sinnvoller, ein Recht auf Beteiligung einzuführen, als diese von oben herab zur Teilnahme zu nötigen.
Mit einer verpflichtenden Bürgerbeteiligung könnten Entscheidungsprozesse noch mehr in die Länge gezogen werden. Probleme, die eine schnelles und konsequentes Handeln erfordern, werden hierdurch verkompliziert und verlängert. Mehr Beteiligung sollte darum verhindert werden.
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Auch wir sehen "Auslosung als Privileg", Beteiligungspflicht als Ausdruck der politischen Souveränität des Volkes" und plädieren dafür, diese Aspekte zu betonen. Unser Zusatz: Die Auslosung darf 1 x begründet abgelehnt werden.
Bei kommunalen Abstimmungen dürfen oftmals nicht alle mitentscheiden, die von der Entscheidung letztlich betroffen sind und ggf. wichtige Effekte auf das Allgemeinwohl haben (bsp. München: Abstimmung der Anwohner über zusätzliche Landebahn am Flughafen; Tübingen - bei der Abstimmung zur Stadtbahn durften nur Tübinger abstimmen, nicht jedoch Bürger aus dem Umkreis)
3. Sind Gesundheitspflichten zur Bekämpfung einer Pandemie angemessen?
Taustal: Aus aktuellem Anlaß noch eine Frage zu Gesundheitspflichten in Pandemiezeiten: Wie sehr steht der Einzelne in der Pflicht, möglicherweise gesundheitsgefährdendes Verhalten bei sich einzuschränken, um andere zu schützen? Insbesondere wenn das eigene Tun oder Unterlassen andere gefährdet, die sich nicht entsprechend schützen können? Die öffentliche Diskussion über Gesundheitspflichten spitzt sich zu Zeiten der Covid-19-Pandemie zu. Beispielsweise in den Fragen, ob wir eine Maskenpflicht, eine Testpflicht oder eine Impfpflicht brauchen – etwa eine direkte allgemeine Impflicht, oder auch eine indirekte Impflicht, indem es Nachteile für Ungeimpfte gibt. Was müssen wir einander zugestehen an individueller Selbstbestimmung, was sollten wir einander zumuten an Einschränkungen zur Vorsorge?
Poolt
Meine Freiheit endet am Recht auf Gesundheit und Leben meines Nächsten. Pflichten wie Maskentragen, Impfschutz oder Abstandsregelungen sind effektive Mittel zum gesundheitlichen Schutz, auch meiner selbst. Denn wenn ich erkranke, muss sich ja dennoch die Allgemeinheit auch um mich kümmern – und wird meine Behandlung solidarisch mitfinanzieren.
Für eine effiziente Pandemiebekämpfung sind bestimmte Pflichten unabdingbar. So kann schneller und flächendeckender gegen das Infektionsgeschehen gearbeitet werden. Es gibt viele Beispiele, dass es sinnvoll ist, wenn der Staat uns zur Vernunft verpflichtet, so wie bei der Gurtpflicht im Straßenverkehr, beim Arbeitsschutz oder auch mit der Schulpflicht. Das gilt noch viel mehr in einem Notfall wie der Pandemie.
Die Delta-Variante bedroht Risikogruppen wie unseren Kindern oder Menschen mit Vorerkrankungen, die (noch) gar nicht impffähig sind. Aus Solidarität und zum Schutz ihrer Freiheit sollte wenigstens für die Dauer einer Pandemie eine Impfpflicht eingeführt werden. Sie ist ein gutes Beispiel für eine Pflicht, die in der Folge die Freiheit jedes und jeder Einzelnen gewährleistet – so die Freiheit von Angst und Krankheit.
Vastu
Gefahren gehören zu einem freien Leben in einer freien Gesellschaft – auch gesundheitliche Gefahren, Krankheiten und Sterben. Zu meiner Freiheit gehört meine Verantwortung, wie ich diesen Gefahren begegne und mich um meine Gesundheit selbst kümmere. Gesundheitspflichten beschneiden unser verbrieftes Recht auf Selbstbestimmung über Gesundheit und körperliche Integrität.
Allgemeine Gesundheitspflichten sind Unsinn, denn gerade bei einer Pandemie kommt es sehr auf die konkreten Umstände an. Es macht doch einen Unterschied, ob man an der frischen Luft auf dem Land arbeitet oder in städtischen Großraumbüros. Es macht auch einen Unterschied, Impfungen für gesunde Menschen oder Menschen aus Risikogruppen zur Pflicht zu machen, wenn zum Beispiel Nebenwirkungen noch nicht ausgeschlossen werden können.
Die Diskussion über die vielen Pflichten sind Ausdruck einer Hysterie, die angesichts des Verlaufs der Pandemie in anderen Ländern nicht mehr angemessen ist. Angst ist kein guter Lehrmeister. Statt über Pflichten zu reden, sollte der Staat es Menschen einfach machen, sich verantwortlich zu verhalten – wie durch kostenlose Impfungen, Testangebote oder Luftreiniger in Schulen.
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Hier gibt es aus unserer Sicht nicht direkt Schwarz oder Weiß, die diversen Maßnahmen sind unterschiedlich zu bewerten, bspw. hat eine Maskenpflicht keinen langfristigen Einfluss auf die Gesundheit und ist zu rechtfertigen, während eine Impfpflicht verschiedene Menschen unterschiedlich beeinflusst (gesundheitlich, psychisch, etc.). Daher stellt sich uns die Frage, welche Maßnahmen überhaupt gerechtfertigt sind.
Eine solche Pflicht führt zu einer zu starken Fokussierung auf eine Erkrankung durch Covid - weshalb andere Krankheiten (z.B. Aids) oder Lebensweisen (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum) in den Hintergrund rücken, die ebenfalls das Gesundheitssystem belasten.