Volksvertreter Paul Klingenstein
Stellungnahme zur Petition Appell: Das Schloss Hartberg muss Gemeindeeigentum bleiben!
ÖVP, zuletzt bearbeitet am 19.12.2020
Ich lehne ab.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Fachausschuss.
Ich befürworte eine öffentliche Anhörung im Parlament/Plenum.
Die Geschichte hat über viele Jahrhunderte gezeigt, dass Siedlungsräume dort entstehen, wo es günstige Bedingungen (Bodenschätze, geschützte Lebensräume, Wege-Straßenverbindungen) zum Leben gibt. Ob das nun ideale Bedingungen für Landwirtschaft, Industrie, Handwerk, Fischerei oder Handel waren, Voraussetzung war, dass die Gesellschaft durch geschicktes Zusammenspiel von allen Beteiligten substanziell etwas Neues schaffen konnte, allgemein auch als Wirtschaftswachstum bekannt. Erst dadurch entstand weitere Attraktivität des Standortes, Bevölkerungswachstum und die Möglichkeit aus den Gewinnen des Wirtschaftens, eine Basisinfrastruktur (Verwaltung, Bildung, Gesundheit), oft sogar auch ein Freizeitangebot (Kultur, Sport) zu schaffen.
Die Gründung der Stadt Hartberg war eine "Wirtschaftsunternehmung", weil die Traungauer in den Osten expandierten um neue "Märkte" zu erschließen. Über die Jahrhunderte hinweg, haben die vielen verschiedenen Adelsfamilien als Schlossherrn, das Schloss NICHT zur "Residenz" ausgebaut. Deswegen kann nur mit einiger Übertreibung behauptet werden, das Schloss sei ein "Kulturschatz" (im Inneren gibt es nicht wirklich "Kunst" zu sehen, das Schöne am Schloss ist das Ensemble mit dem Park.)
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die historischen Innenstädte, sofern sie nicht eine touristische Attraktivität wie z.B. Hallstatt aufweisen, an Bedeutung verlieren. Man muss sich die Frage stellen, welche Funktion sollen unsere Städte eigentlich in der Zukunft noch erfüllen? Gerade Hartberg ist ein Musterbeispiel, dass aufgrund der Entwicklung an der Peripherie, Verwaltung (Finanzamt), Dienstleistung (Ärzte) und Handel die Stadt verlassen (haben). Von der Veränderung im Mobilitätsbereich (früher Hauptplatz als zentraler Ankunftsort der Autobusse), wo der Kunde einen weiteren Aktionsradius für sein Einkaufsverhalten wählt (früher Bezirkshauptstadt, nun Graz, Wien, Parndorf etc., Entfernungen bis zu 150 km werden akzeptiert) ganz zu schweigen.
Nun gäbe es eine reale Chance, mit Unterstützung eines der erfolgreichsten Unternehmens Österreichs, auf die Wachstumsraten bezogen, vermutlich ein top ten hidden Champion in Europa, eine Belebung der Innenstadt in Hartberg herbeizuführen. Und das wird abgelehnt? Was soll daran schlecht sein, das Schloss zu verkaufen, damit im "Zentrum der Oststeiermark", nicht Friedhofsstille einkehrt. Will man nicht sehen, dass der Organismus "historische Altstadt" (wozu ja auch das Schloss zählt, das Schloss gehört ja zur historischen Altstadt!) schwer leidet und insgesamt dringend die Zufuhr von "Leben" braucht? Das Schloss und der Park bleiben ja erhalten, auch dann, wenn die Gemeinde nicht mehr Eigentümer ist. Man kann doch nicht behaupten, dass die "Identität" der Stadt Hartberg an der Eigentümerschaft des Schlosses hängt. Das Schloß war jahrhundertelang nicht im Eigentum der Stadt und trotzdem hatte Hartberg Identität. Sich nur auf das Schloss als „die Wiege der Stadt“ zu beziehen und gleichzeitig den Niedergang des historischen Gesamtkunstwerkes „Altstadt Hartberg“ in Kauf zu nehmen, ist äußerst bedenklich, da es systemisches Denken bzw. Zusammenhänge negiert.
Es geht darum, den Kopf NICHT in den Sand zu stecken und vor der allgemeinen Entwicklung der Innenstädte zu kapitulieren, es ist unsere Aufgabe als gewählte Volksvertreter, Antworten und neue Ansätze in der Stadtentwicklung zu suchen, zu finden. Wenn es uns gelingt, einen Standort in der Innenstadt (Schloss Areal) dafür einzusetzen, dass dieser für sich selber "zukunftsfit" und zugleich den Rest der Stadt mit neuem Leben erfüllen kann, dann sollte die Frage des Eigentümers, nicht im Vordergrund stehen, sondern das Ergebnis. Der Gemeinderat hat die Voraussetzungen und unveränderbaren Bedingungen für einen Verkauf bereits beschlossen, wozu auch die (unbefristete) Zugänglichkeit des Schlossparks, zählt.
Zum Abschluss zitiere ich einen großen Österreicher mit den Worten: Lernen´s Geschichte Herr Reporter! Nachzulesen auf Wikipedia, wo man erfahren kann, dass ein Schlossverkauf im Landesbesitz, einer oststeirischen Stadt eine wirtschaftliche Entwicklung gebracht hat, auf die nachträglich, wohl keiner hätte verzichten wollen. Konkret in der Ära Josef Krainer I der Verkauf des Schlosses Pichlarn in der Obersteiermark an den Industriellen Peter Riess, der nur unter der Bedingung erfolgen konnte, dass dieser einen Industriebetrieb in der strukturschwachen Oststeiermark zu errichten hatte. Denn auch der Ausbau des Schulstandortes in Hartberg war nur möglich, weil eine prosperierende Bezirksstadt Bildungsnachfrage erzeugt hatte und so auch Arbeitsplätze im Bildungsbereich geschaffen werden konnten (Bundesschulzentrum), die es zuvor nicht gab.
Wir können in Hartberg dem Land Steiermark dankbar sein, dass in den 70er - Jahren Schloß Pichlarn verkauft wurde, als Voraussetzung, damit die Pegulan/Durmont sich in Hartberg ansiedelt (siehe Wikipedia). Damals waren offenbar die Grundlagen unseres Wohlstandes in fast allen Köpfen noch präsenter, sonst hätte man ja auch Schloß Pichlarn als "unverkäuflichen" Kulturschatz hochstilisieren müssen - und es gäbe keine Durmont in Hartberg.
Mag Paul Klingenstein | |
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